Heute wurden Wiesbadens städtische Kitas bestreikt. Wir als Elternvertretung wurden damit mal wieder ebenso überrascht wie Eltern und Kinder. Und weil hier spätestens seit Pandemiebeginn die Nerven der meisten Eltern dauerhaft blank liegen, möchten wir an dieser Stelle nicht nur ein Statement abgeben, sondern auch ein paar Unklarheiten und Konflikte klären.

Der Fachbereich „Kinderbetreuung und -erziehung“ rangiert fast gleichauf hinter „Sozialarbeit und Sozialpädagogik“ auf Platz 1 und 2 der Berufe mit dem größten Fachkräftemangel in Deutschland (Quelle: IW). Dahinter folgen Gesundheitswesen und Handwerk.

Wir stehen als Eltern mehrheitlich klar auf der Seite der Kitas und Erzieher*innen.

Auch wir wollen (seit mehr als 10 Jahren) Fortschritte bei der Fachkräftegewinnung, damit die immer weniger werdenden Fachkräfte in unseren Kitas endlich entlastet werden. Da ist eine bessere Vergütung nun mal ein sehr wichtiger Baustein.

Weshalb wir den von ver.di ausgerufenen Warnstreik für eine bessere Bezahlung im öffentlichen Dienst dann doch nicht so „toll“ finden, hat mehrere Gründe, die wir hier kurz darstellen wollen:

  • Eltern und Kinder sind bei so einem Warnstreik die primär Leidtragenden ­– nicht die Träger / Städte und Kommunen. Während andere bestreikte Betriebe durch die Ausfälle oft finanzielle Einbußen erleiden (weil z.B. Tickets nicht verkauft werden), entstehen für Eltern alternativlose Situationen mit teilweise sogar doppelten finanziellen Belastungen (falls man spontan überhaupt eine bezahlte Betreuung findet).
  • Eltern, die keine Notbetreuung organisiert bekommen, müssen zwangsläufig die knapp bemessenen Urlaubs- oder Kinderkrankentage in Anspruch nehmen. Dadurch wird – nach Pandemie und den ersten Erkältungswellen im neuen Jahr ­– das Image von „Eltern als Arbeitnehmer“ erneut schwer belastet.
  • Dafür, dass wir Eltern das einzige Druckmittel auf den Träger sind, lässt man uns (Eltern und Elternvertreter) im Regen stehen, statt auf uns zuzukommen und das Potenzial gemeinsamer Proteste zu nutzen.
  • Der letzte Arbeitskampf mit Warnstreik, von dem Eltern und Kinder aktiv betroffen waren, liegt grade mal 7 Monate (Mai 2022) zurück. Die damals erstrittenen 2plus2 Entlastungstage, um den Erzieher*innen-Beruf attraktiver zu machen bewirken in der akuten Fachkraftmangelsituation leider genau das Gegenteil – sie werden zu Belastungstagen für Eltern und Fachkräfte. Gut gemeint – falscher Zeitpunkt.

Zuletzt möchten wir auf die Stellungnahme der Bundeselternvertretung von Mai verweisen und mit einem Zitat von dort schließen:
„Positive Impulse für eine höhere Qualität im frühkindlichen Bildungssystem sollten ein zentrales Anliegen unserer Gesellschaft sein und nicht durch negativen Druck, wie Streik erzwungen werden.“

In diesem Sinne – bleibt tapfer und wendet euch bei Fragen, Ideen oder Anmerkungen an uns. Wir stehen in gutem Dialog mit unserem Träger und suchen bei Gelegenheit aktiv den Austausch mit ver.di.

Euer SEB-KT

Jens Otto | Yvonne Großkurth | Devran Genc | Elisabeth Hannig | Andreas Maurer
Timo Rasch | Dave Remmel | Caroline Schollmayer